Montag, 11. Oktober 2010

Ein langer Atem macht sich bezahlt

"Es geht sich aus" ist super. Der ideale Ausdruck, um zeitliche oder örtliche Freiräume lässig zu kommunizieren.  Als Österreicher ist man wie vor den Kopf gestoßen, wenn man erfährt, dass diese so praktische Redensart in Deutschland kaum jemand kennt.  Bei den Nachbarn sagt man, "das klappt" und "wir kriegen das hin", aber "es geht sich aus" kommt höchstens noch den Bayern hin und wieder über die Lippen.

Markus, ursprünglich aus dem Schwarzwald, hat sich nach zehn Jahren bei der Viennale daran gewöhnt, dass sich in Österreich Dinge ausgehen oder auch nicht - dreht sich doch in seinem Job alles genau darum: Als Gästekoordinator lädt er in enger Absprache mit dem Festivaldirektor Filmschaffende zur Viennale ein, erstellt genaue Zeitpläne für ihren Aufenthalt während des Festivals und arrangiert all die kleinen wichtigen und unwichtigen Details.

Bis zur Eröffnung ist Markus dabei ein Ein-Mann-Betrieb. Erst danach ist das Gästebüro zu zehnt: vier Fahrer, ein Fahrercaptain und vier GästebetreuerInnen stehen ihm dann bei der Betreung der rund 140 Gäste zur Seite. Richtig gelesen: Ein recht kleines Team für gut 140 Gäste und all ihre Screenings und Veranstaltungen.

"Natürlich ist es immer stressig", sagt Markus, der in der Viennale-freien Zeit auch bei der Berlinale im Gästebüro arbeitet. "Aber es ist ein umso schöneres Gefühl, wenn dank eines tollen Teams letztlich alles klappt."

Besonders gerne erinnert er sich an den Besuch von Fay Wray im Jahr 2001. Die Viennale widmete der Schauspielerin ein Tribute mit einer Gala ihr zu Ehren. Wie schon bei der Oscar-Verleihung drei Jahre zuvor wollte die damals bereits 94-jährige Fray aber keinesfalls über eine Treppe beschwerlich auf die Bühne schreiten müssen. Nach einer mehrtägigen Charme-Offensive schwebte sie aber letztlich elegant die Stufen hinauf, nicht ohne sich dabei des anhaltenden Applauses durch kurzes Innehalten zu versichern, wie Markus begeistert erzählt.

Ein langer Atem macht sich in der Gästekoordination bezahlt. Zwar genieße die Viennale mittlerweile den Ruf eines Qualitätsfestivals, das sich sehr gut und individuell um seine Gäste kümmert, doch ist in den Terminkalendern der Regisseure und Darsteller halt trotzdem nicht immer Platz. Von Absagen dürfe man sich aber nicht dauerhaft abschütteln lassen, meint Markus:  "Wie Eric Pleskow, der Präsident der Viennale immer sagt: 'Ein Nein haben wir schon.'"

Nach Lauren Bacall, Jane Fonda und Tilda Swinton begrüßt die Viennale auch heute wieder Stargäste: Zu den namhaftesten zählen Olivier Assayas, Cannes-Gewinner und V’10-Trailermacher Apichatpong Weerasethakul, John Torturro, Mike Leigh und Lou Reed, der seinen ersten Film als Regisseur ("Red Shirley") präsentieren wird.

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